Eiswerk Alt Geltow

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In einer Eisfabrik
Bericht von 1895
Text eines
Denkmalschützers
Die
Eismaschine
Rummelsburg
1886
Natureisgewinnung
bei den
Norddeutschen Eiswerken 1896
Brand bei den
Norddeutschen Eiswerken

Aus alter Literatur mit Zeichnungen von William Pape

Eisernte



Alt Geltow


Unter den Handelsartikeln, welche die nördlichen Länder unseres Erdballs nach dem von der Natur reicher gesegneten Süden ausführen, spielt das Eis keineswegs eine untergeordnete Rolle.
Schon zu Beginn unseres Jahrhunderts (das 19. ist gemeint, der Webmaster) haben die Yankees die handelsmäßige Versorgung ihrer Bundesbrüder mit diesem für mannigfache Industriezweige, wie für Speisekammer und Keller, Küche und Krankenstube notwendigen Artikel im großen Maßstabe in die Hand genommen, und heute haben wir nicht bloß einen ausgedehnten Eisexport nach allen im wärmeren Erdgürtel gelegenen überseeischen Kulturländern, sondern auch einen großartigen Binnenhandel mit diesem Produkte des nordischen Winters innerhalb der europäischen Länder.

Norwegen und die Schweiz versorgen England, Frankreich, Spanien und die Niederlande, die östereichischen Alpenländer Italien, Griechenland, teilweise auch Ägypten und die Levante mit Eis, und selbst innerhalb Deutschlands vollzieht sich der Eishandel von Land zu Land, mitunter sogar in einer der natürlichen entgegengesetzten Richtung, indem das Eis der oberbayrischen Seen weit nach Norden hinauf wandert, in Gegenden, denen die Vorbedingungen für ausreichende Eisgewinnung fehlen.

Daß die großen Städte ihren Eisbedarf von außen beziehen müssen, ist selbstverständlich, und so werden auch diese zu Mittelpunkten eines ja nach den natürlichen Verhältnissen auf weitere oder engere Kreise sich erstreckenden Eishandels.

In der wasserreichen Umgebung Berlins haben sich mehrere Eiswerke aufgethan, deren Absatzgebiet hauptsächlich das zur Weltstadt angewachsene Spreeathen ist.

Unter diesen zeichnet sich dasjenige von Burmeester in Alt-Geltow durch seine reizende Lage und seinen regen Betrieb besonders aus.

Alt Geltow, bekannt durch seine Baumschule, liegt an der südlichen Spitze der von der Wublitz, dem großen Zernsee und der Havel umschlossenen Landzunge, an deren östlicher Seite Potsdam und der Wildpark sich ausdehnen; schräg gegenüber breiten sich am anderen Ufer der Havel die gesegneten Gefilde des märkischen Obstgartens mit dem Inselstädtchen Werder aus.
Während aber dort drüben alles Naturleben im starren Banne des Winterschlafes liegt und der Blüthenschnee der berühmten "Baumblüthe" durch wahrhaftigen Schnee ersetzt ist, regt sich hier ein eifrig betriebsames Leben: das Alt Geltower Eiswerk hat Erntezeit.

Die Gewinnung des Eises auf Seen oder Flüssen geschieht beim Betriebe im Großen in der Weise, daß die Eisfläche zuerst mittels des Eishobels vollkommen eben gemacht und dann in Tafeln von etwa einem Meter Länge und einem halben Meter Breite getheilt wird.
Diese Theilung wird erst mit einem leichten Eispfluge, der nur 2 ½ bis 3 cm tief einschneidet, markirt; dann werden die Furchen soweit vertieft, daß die einzelnen Tafeln nur noch leicht aneinander haften, und schließlich werden mittels schwerer, meißelartig zugeschliffener Eisenstangen Platten, die etwa hundert Tafeln in sich vereinigen, von der stehenden Eisdecke losgelöst und mittels Enterhaken ans Ufer gezogen, wo sie mit dreizackigen Gabeln in Tafeln gebrochen und nach dem Speicher geschafft werden.

Patanosterwerk
Eisgewinnung

Vielfach verwendet man zum Zerschneiden des Eises auch Dampfpflüge, die statt der einzelnen Stahlschwerter des Handpfluges Kreissägeblätter führen.

In Alt Geltow werden Tafeln, nachdem die Theilungslinien erst mittels des Beiles markirt worden sind, auseinander gesägt und mit langen Enterhaken an ein Paternosterwerk herangeschafft, das Tafel um Tafel auf eine Schaufel nimmt und auf schiefer Ebene zum Speicher hinauf bringt, in welchem die Eismassen kunstgerecht bis zur Höhe des Daches empor geschichtet werden.

Früher brachte man das Eis in Kellern oder Gruben unter; da aber schon wenige Fuß unter der Erdoberfläche eine der mittleren Jahrestemperatur des Ortes entsprechende Temperatur herrscht, die in unserem Klima der Wintertemperatur bei Weitem nicht entspricht, so mußte man auch diese Unterirdischen Eisspeicher mit Doppelwandungen versehen und deren Zwischenräume mit schlechten Wärmeleitern ausfüllen.

Da aber durch Schmelz- und Grundwasser sowohl die Wandungen als auch deren Füllung durchnässt, verdorben und unwirksam gemacht wurden, so ist man jetzt allgemein zum System der Speicher übergegangen und sucht dies durch Doppelwandungen, die mit Torf, Stroh, Lohe u.s.w. ausgefüllt werden, durch beschattende Pflanzungen, hellfarbige Dächer u.s.w. vor der Sonnenwärme nach Möglichkeit zu schützen.

Die Eisernte in Alt Geltow bietet ein Winterbild voll landschaftlichen und szenischen Reizen dar,
das wohl geeignet ist, den wandernden Künstler, den naturliebenden Spaziergänger, ja selbst gelegentlich einmal ein paar flotte Reiteroffiziere zu fesseln,
die auf ihren Erholungsritte von Potsdam her in diese Gegend kommen.

Läßt sich doch der Besitzer des Eiswerkes selbst, der alte lahme Burmeester, nicht nehmen, in seinem Handschlitten auf das Eisfeld hinaus zu fahren und die Arbeiten selbst zu leiten.

Es ist ein frisches und erfrischendes Stück Natur- und Erwerbsleben, daß sich da draußen dem Auge offenbart, in einer Zeit, wo sonst alle Thätigkeit in die vier Wände gebannt ist.

In flauen Wintern ist es natürlich mit der Eisgewinnung schlecht bestellt und in solchen Fällen sind die Eiskonsumenten im nachfolgenden Sommer zumeist auf künstliches Eis angewiesen, das auf dem Fabrikationswege hergestellt wird.
Diese Arten der Eisbereitung sind sehr verschieden, die verbreiteste aber wohl die mittels Kompressions- oder Kaltdampfmaschinen, in welchen das Gefrieren von Wasser in dünnwandigen Blechkisten durch Kohlensäure erzielt wird.

Es ist ein langwieriger Prozeß hierzu erforderlich und das Kunsteis deshalb auch viel theurer als das obendrein wohl noch haltbarere Natureis.

Außerdem ist das gewöhnliche Kunsteis undurchsichtig, milchig, weil die im Wasser enthaltene Luft sich beim Gefrieren daselbst ausscheidet und in kleinen Bläschen das Eis erfüllt.
Zur Herstellung von durchsichtigem Eis sind besondere Einrichtungen (Klareis-Apparate) erforderlich.

Man sieht, daß ein Stückchen Eis, das wir trotz seines Nutzens für beinah werthlos halten, eine Unsumme von Arbeit steckt, und das man, wenn die Natur es uns einmal versagt, uns einen Ersatz nur durch Anwendung großer chemischer und maschineller Kräfte verschaffen kann.

Am 08.April 1900 lässt ein Herr August Bormeister in Geltow bei Werder eine "Kanalanlage mit zwei nebeneinander liegenden Kanälen" für eine Wasserrutsche am Schwielochsee patentieren. Das Patent hat die Nummer 132332



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